Hell on Wheels
Radfahren in Linz
(Ein Gastbeitrag von Thomas)
Es gibt sicher auf der ganzen Welt Orte an denen Radfahren mehr oder weniger Spaß macht. An einigen dieser Orte in Deutschland und Österreich bin ich auch schon geradelt. Ob im Urlaub oder beruflich macht dabei einen großen Unterschied.
Der Freizeitradler
In meiner Freizeit oder im Urlaub radle ich gerne abseits der Straßen, durchs grüne, auf (zahme) Berge oder entlang von Flüssen oder Seen. Stark befahrene Straßen meide ich dabei. Umwege - wenn sie schönere, einsamere Strecken oder einfach nur abseits von Asphalt sind nehme ich gerne in Kauf. Die Geschwindigkeit ist mir dabei ziemlich egal. Natürlich möchte ich irgendwann ankommen, aber tolle Aussichten oder ein gemütlicher Rastplatz sind mir wichtiger.
Der Profiradler
Völlig anders sieht es aus, wenn ich mit dem Fahrrad einkaufen möchte oder zu einem beruflichen Termin muss. In aller Regel kann ich mir die Wege nicht wirklich aussuchen und Wegstrecke und (Durchschnitts-)Geschwindigkeit werden plötzlich ganz wesentliche Kriterien.
In ländlichen Regionen ist es für mich Aufgrund der Entfernungen sowieso schwierig, z.B. Einkäufe mit dem Rad zu erledigen, so viel Zeit habe ich einfach nicht übrig. Also bleibt für diese Art der Fortbewegung nur eine Stadt übrig. Und genau hier gibt es riesige Unterschiede.
Ganz im Norden Deutschlands (Flensburg) ist es zwar hügelig und oft windig, man kann mit dem Fahrrad aber ein gewisses Tempo erreichen und damit auch einiges an Kilometern zurücklegen. Der oft weniger starke Verkehr tröstet über manchmal nicht vorhandene Radwege hinweg.
In der Mitte Deutschlands (Lüneburger Heide) ist es recht eben und die Entfernung schmilzt gerade so unter den Pedalen. Radwege sind - nun ja - bekannt. Es kann allerdings passieren das man mitten auf dem Weg bis zum Tretlager im Sand steckt, zum Glück sind solche Binnenwanderdünen selten… Durch das hohe Tempo kann man aber gut auch mal ein paar mehr Kilometer zum nächsten Supermarkt in Kauf nehmen.
Im Süden, respektive in München gibt es meist Radwege, nur selten enden sie im nirgendwo, außer Baustellen betrachten diese als praktische zusätzliche Fläche. Vom Tempo muss man Abstriche machen. Der Verkehr und die vielen Ampeln an praktisch jeder Kreuzung drosseln die durchschnittliche Geschwindigkeit auf etwa 10 km/h. Zudem macht das dauernde Bremsen und wieder Anfahren nicht wirklich Spaß.
In Salzburg ist in der altstädtischen Enge schnell mal Not am Rad oder besser gesagt, Not an Radwegeplanung. Dank der nicht ganz so zahlreichen Ampeln kann man aber noch ein wenig Strecke machen, insbesondere entlang der Salzach, wenn dort nicht gerade rush hour ist. Viel mehr als 7 - 8 km/h sollte man aber nicht einplanen.
Ganz kurios wird es in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. In dieser Stadt halte ich mich berufsbedingt auf und muss feststellen: “Hier ist Radfahren die Hölle”. Radwege enden - falls überhaupt vorhanden - gerne im nichts, verlaufen plötzlich auf der anderen Straßenseite oder wechseln mit Fußwegen im zick-zack, was sowohl Radfahrer als auch Fußgänger verwirrt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt eher bei 3-4 km/h.
Allgemein scheint Radfahren hier nicht “in” zu sein. An einem schönen, sonnigen Samstag Nachmittag sind mir bei einem Ausflug nur zwei andere Radfahrer begegnet - vielleicht ist Radfahren in OÖ an Samstagen gar nicht erlaubt?
Abgesehen von diesem Schönheitsfehler verhalten sich die Fußgänger gegenüber fahrenden oder abgestellten Fahrrädern recht aggressiv. So musste ich in dieser kurzen Zeit schon mehr an meinem Radel reparieren als in den vielen Jahren zuvor. Regelmäßig ist es umgeworfen oder hängt wie ein “Schluck Wasser” im Fahrradständer. Während sich fahrende Autos und Räder vermutlich in allen urbanen Strukturen in einem ewig währenden Kriegszustand befinden, scheint parkenden PKWs das Phänomen Fahrradfahrer gänzlich unbekannt. Auffliegende Türen aus Parklücken und herankommende Motorhauben oder Heckklappen sind hier keine Einzelfälle sondern üblich.
Das mag sicher an der Verkehrswegeplanung liegen, aber die gefühlte Feindlichkeit, die einem von anderen Verkehrsteilnehmern entgegen schlägt, ist wirklich erschreckend. Darum ist für mich Radfahren in Linz eindeutig: Hell on Wheels. Was mich ein wenig mit den Autofahrern versöhnt: Auch Parkplatzsuche ist hier schwierig und Autofahren stressig.
Das gute an Linz ist aber: Verglichen mit Wien oder München ist Linz ein Dorf, sodass man rein von der Entfernung her alles gut mit dem Rad erreichen kann. Und der Blick von den Donaubrücken ist immer wieder grandios und entschädigt ein wenig für den Rest.
Thomas
DER-GANZE-REST