AGA Students Arthroskopie Kurs Knie (Linz)
AGA Students ist der studentische Ableger der AGA, der eine Art Förderprogramm für Studenten anbietet in Form eines Curriculums. Es gibt verschiedene Angebote, die man freiwillig parallel zum Medizinstudium nutzen bzw. absolvieren kann. Turnusmäßig hätte eigentlich im Herbst ein Schulter Kurs bei den AGA Students Linz stattfinden sollen. Stattdessen ist es ein 1 ½ tägiger Knie Kurs geworden. Der war dafür aber wirklich toll organisiert und bot super viele Möglichkeiten erste praktische Erfahrungen zu sammeln, sodass insgesamt 30 Teilnehmer aus ganz Österreich und Deutschland da waren (davon ca. 6 Frauen, Rest Männer).
Freitag Nachmittag: Erst die Theorie…
Los ging’s am Freitag Nachmittag mit einigen Vorträgen von verschiedenen Dozenten (darunter 2 AGA Students Vorträge) zu den Themen: Arthroskopie allgemein, diagnostischer Rundgang, Meniskusverletzungen, Vordere Kreuzbandruptur, Knorpeltherapie am Kniegelenk, Forschungsergebnisse MSC und BMAC und digitalen Technologien zur Analyse von Kniegelenksinstabilität. Hört sich trocken an, aber war spannender, als ich gedacht hatte. Viele Themen waren auch weit über meinem Niveau. Umgekehrt aber ein toller Einblick, wie komplex und vielfältig die Thematik ist. Nach fast jedem Dozenten gab es noch eine kurze Diskussion, sodass der letzte seinen Vortrag gar nicht mehr halten konnte. Danach hätte ein gemeinsames Abendessen angestanden, aber ich bin allergiebedingt nicht mitgegangen.
Samstag: und dann ganz viel Praxis im Arthrex Wet lab, bei Heindl und mit OPED
Am Samstag standen den ganzen Tag Praxisworkshops an, dankenswerterweise unterstützt von drei Sponsoren (zwei In-House Sponsoren und ein Externer). Wie einer der Sponsoren erzählt hat, kamen dabei Kosten im 5-stelligen (!) Bereich zusammen, die sie für die Teilnehmer übernahmen, damit es überhaupt ausgerichtet werden kann. Allein das ist schon bemerkenswert. Damit es nirgends zu viele sind, wurde die gesamte Gruppe in zwei Subgruppen aufgeteilt. Insgesamt hatte aber jede Gruppe das gleiche Programm. „Meine“ Gruppe startete mit einer Führung durch’s Orthopädiezentrum und einem Orthesenworkshop (Firma Heindl). Dabei wurden die Räumlichkeiten, die Werkstätten und die Hilfsmittel gezeigt und genau erklärt. Jede Frage wurde beantwortet und man konnte alles anfassen und z.B. die Orthesen auch selbst anprobieren. Wenn ich da an meine untauglichen Orthese von vor 25 Jahren denke – ein Wahnsinnsfortschritt.
Anschließend stellte eine andere Firma aus Bayern, OPED, ihre Produkte vor. Im Zentrum standen dabei zwei Apps mit denen man nur durch Filmen verschiedene Messungen machen konnte. Mit weiteren Apps kann man Patienten damit mehr oder weniger individuell angepasste Übungen für zu Hause mitgeben und den Verlauf der Entwicklung dann wieder mit diesen Apps nachverfolgen. An sich ist das eine klasse Idee! Fast jeder hat heute ein Smartphone, Apps sind beliebt, man hat ein nicht-invasives Analysetool und der Patient hat gleich ausgewählte Übungen, mit denen er selbst aktiv was tun kann und bleibt nicht nur passiv. So ganz überzeugt haben mich die Tools aber trotzdem nicht: Download ist nur über den Playstore bzw. das Apple-Pendant möglich (was fängt der Hersteller mit den dadurch gewonnenen Informationen an?), Behandler- und Patientendaten werden irgendwohin weitergegeben, irgendwie verarbeitet und kommerziell genutzt. Fragen zu verschiedenen Themen rund um die Produkte waren schwierig für ihn zu beantworten. So cool und nützlich ich die Idee finde, es wirkt auf mich nicht so ganz ausgereift. Mehrfach abwertende Kommentare zur technischen Ausstattung der Studenten haben jetzt auch nicht zu meiner Begeisterung beigetragen. ;) Im Internet surfen können heutzutage fast alle Tablets und Samsung (S-Linie) und Apple geben sich nicht viel. Umgekehrt sollten App und Vertrieb auch mit allen üblichen Geräten umgehen können, im responsive Design gestaltet sein und solche Kommentare müssen einfach nicht sein. Vielleicht erfahren die Produkte irgendwann ein Upgrade, sodass sie durchdachter und leichter zu präsentieren sind. Die Idee an sich ist ja toll.
Nach der gesponsorten Mittagspause in der UKH- Kantine ging’s am Nachmittag weiter im Arthrex Wet lab. Interessant war hier das unterschiedliche Geschlechterverhalten. Während die männlichen Studenten mit viel Elan gleich vormittags dorthin wollten, gingen die Studentinnen in die Nachmittagsgruppe, damit die Gruppen gleich groß sind. Auch im Wet lab selbst keine einzige MitarbeiterIN. Es ist zwar im Endeffekt egal, weil sowieso jede Gruppe beides sieht, trotzdem ist es mir aufgefallen. Anders als ich es bei einigen Technik-Workshops schon erlebt hatte, durften die Studentinnen aber trotzdem genauso mitmachen und waren nicht nicht nur in der Zuschauerposition. Und es war total cool, es einfach mal unter Anleitung am Modell ausprobieren zu dürfen. Auch wenn es nur ein erstes Experimentieren ist, ist es für später evtl. hilfreich, es schon mal in der Hand gehabt zu haben. Außerdem hat es mich dazu inspiriert, mich näher mit einem Fachbereich zu beschäftigen, den ich eigentlich so gar nicht auf dem Schirm hatte und mir nur aus allgemeiner Neugierde mal näher anschauen wollte.
Positives
Was mir an dem Workshop gut gefallen hat, war die durchweg gute Stimmung und die tolle, kollegiale Atmosphäre. Auch alle Dozenten haben sich große Mühe mit den Vorträgen gegeben, in denen viel Wissen vermittelt wurde, und geduldig und ausführlich alle Fragen beantwortet. Umgekehrt konnte man auch alles fragen, was man wissen wollte, ohne sich ohne sich dumm vorzukommen. Super war auch, dass es nicht nur Theorie war, sondern man auch ein bisschen praktisch üben und die Arbeitsweise so ein bisschen kennen lernen konnte. Dabei verging die Zeit wie im Flug. Toll ist auch, dass sich so viele Sponsoren bereit erklärt haben, das zu unterstützten, auch wenn Studenten nicht direkt ihre Zielgruppe sind und dabei auch hohe Kosten entstanden sind. Für mich persönlich war es noch nett, bei einem Quiz ein Buch als Preis gewonnen zu haben, auch wenn da viel Glück dabei war war. Insgesamt war es ein spannender Einblick in ein Fachgebiet, mit dem ich mich bisher eigentlich kaum beschäftigt hab und fürs weitere Studium sehr motivierend.
Kritik / Optimierungsvorschläge
Auch wenn es insgesamt toll war, bin ich trotzdem über ein paar kleine Kritikpunkte gestolpert, die ich noch kurz ansprechen möchte: Übergewicht ist unbestritten ein Einflussfaktor bei vielen Erkrankungen und fließt dementsprechend auch in die Entscheidung ein, ob eine Operation sinnvoll ist. Aber sind übergewichtige Menschen deshalb schlechter als andere? Wie immer wenn es um solche Themen geht muss man zwischen einer Sache und den Menschen unterscheiden. Beispielsweise liest man auch oft vom Kampf „gegen den Nationalsozialismus“, nicht gegen „Nationalsozialisten“, denn damit würde man die Menschen treffen. Auch im Umgang mit Übergewicht würde ich mir eine reflektiertere Auseinandersetzung wünschen. Denn welchen inhaltlichen Mehrwert hat es, das Schlagwort „Übergewicht“ mit einem übergewichtigen Menschen zu illustrieren, sodass es zu einem kollektiven Lacher kommt? Eine konkrete medizinische Begründung mit Bezug zum Thema, eine Unterscheidung zwischen Übergewicht als Symptom / Krankheit und übergewichtigen Menschen eine differenziertere, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der Erkrankung statt eine Gruppe von Personen abwertend darzustellen wäre toll.
Der zweite Kritikpunkt betrifft ein paar organisatorische Aspekte (auch wenn die Organisation insgesamt sehr gut war):
- Beispielsweise wurden viele Fotos von den Teilnehmern gemacht. Was wohl damit passiert? Ich verstehe einerseits natürlich schon, dass so modern ist, andererseits könnte es einen da aus Datenschutzsicht auch gruseln.
- Allergenkennzeichnung in der UKH-Kantine? Ist mir entgangen. Für Allergiker ist das Mittagessen so ein Glücksspiel. ;)
- Zeit ist für Medizinstudenten Mangelwarte. Warum finden solche Kurse nicht in den Semesterferien statt?
- Schön wars, viele nette Leute kennen gelernt. Sieht man sich wieder? Wer weiß. Cool wäre, wenn es eine Art AGA Students messenger-Gruppe oder eine Art internes Facebook gäbe, sodass man sich leichter vernetzen und in Kontakt bleiben könnte.
Das sind aber wirklich nur ein paar kleine Wermutstropfen bei einem tollen Kurs und insgesamt sehr guten, reibungslosen Organisation!
Fazit
Auch wenn man immer etwas besser machen könnte, war es insgesamt ein sehr interessanter, super organisierter Kurs, der viel Spaß gemacht hat und aus dem ich viel Fachwissen, allgemeine Tipps und Motivation fürs Studium mitgenommen hab.
H3PO4
STUDIUM
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